Letztlich war es ein abruptes Ende, vermeidbar sicher, unverdient, vielleicht war der Ausgang der Serie sogar etwas überraschend.
Es fehlte wenig zum totalen Triumph. Und doch war er weit weg. Das erste Spiel konnte man zwar noch für sich entscheiden. In Spiel 2 jagte man von Anfang an einem Rückstand hinterher, konnte ihn auf den letzten Drücker noch egalisieren, war in der Verlängerung aber stets unter Druck und verlor schliesslich. Im Entscheidungsspiel ging man bereits nach 13 Sekunden in Führung und war nach der ersten Pause trotzdem 2:4 im Rückstand. Ecoffey, am Samstag noch dreifache Pfostenschützin in der Verlängerung, hatte auf der Heimfahrt von Riehen im Handschuhfach ein Fläschchen „Jus de carote“ (französisch für „Zielwasser“) gefunden und getrunken. Anders kann man sich die plötzliche Treffgenauigkeit nicht erklären, sie war für zwei der vier Tore im ersten Drittel zuständig. Auch zwei Tore in den ersten 20 Minuten erzielte Hermann für Riehen, zweimal sah die Torhüterin der Westschweizerinnen schlecht aus. Weil daneben aber wenig klappte bei den Riehenerinnen, musste man wieder einmal einem Rückstand nachrennen. Und weil man sich in der Pause zu viel vornahm (oder zu langsam redete), wurde man bei der verspäteten Rückkehr aufs Spielfeld mit einer Zweiminutenstrafe belegt, die dann auch prompt zum 2:5 führte. Dass das die einzige Strafe des gesamten Spiels war, ist angesichts des teilweise überharten Einsteigens ein Hohn. Doch dem Schiedsrichter gelang es während der ganzen Serie nicht, die hart geführten Zweikämpfe sauber in fair und unfair zu unterteilen.
Die Riehener Reaktion nach dem 2:5 war beeindruckend. Zuerst zimmerte Heeb den Ball aus acht Metern Entfernung ins Lattenkreuz, danach verwertete Hubler einen Kompensations-Penalty in überzeugender Manier zum 4:5. Die dienstälteste Spielerin wurde im dritten Spiel für den Halbfinal geschont und daher nur bei den Penalties eingesetzt. Das brachte ihr die beeindruckende Bilanz von einem Skorerpunkt bei null gespielten Sekunden ein. Eine unbekannte (Ball-)Künstlerin bewarb sich unterdessen zum dritten Mal um den Titel der „Miss Knie-Beauty“ und dieses Mal war sie endlich erfolgreich mit einem Selbstbildnis zum Thema „Fang mich, pack mich, reiss mich zu Boden“. Das Gemälde ist am Schluss dieser Geschichte ausgestellt. Die gesamte dokumentarische Bildserie „Playoff im Welschland – Mein Leben mit blauen Flecken“ ist ab Mai in der Fondation Beyeler zu sehen. Besucher, die selber einen blauen Fleck vorweisen können, geniessen freien Eintritt.
Nach einer guten halben Stunde setzte dann Reiffer zu einem Doppelschlag an, der Riehen mit 6:5 in Führung zu bringen vermochte. Doch es war an diesem Sonntag wie verhext, kaum war man vorne, gab man den Vorteil auch gleich wieder aus der Hand. So ging es mit einem ausgeglichenen Zwischenstand in die zweite Pause. Und danach verschliefen die Riehenerinnen den Start. Semsales ging rasch mit zwei Toren in Führung, Riehen war wieder in Zugzwang. Und erzielte den neuerlichen Anschlusstreffer. Während der folgenden Druckphase bekamen die Blauen einige Freischläge in aussichtsreicher Position zugesprochen. Weil sie aber bereits während der ganzen Serie Schwächen bei den Freistössen offenbarten, die sie auch in dieser heissen Phase nicht wegzaubern konnten, konnte der Rückstand nicht egalisiert werden. So kam es, wie man es nicht wollte. Semsales erzielte das 7:9. Und als Riehen in der 50. Minute nochmal verkürzte, trafen die Fribourgerinnen nur 12 Sekunden zum 8:10. Das war die Entscheidung, aber noch lange nicht das Ende in diesem umkämpften Spiel. Riehen mobilisierte die letzten Kräfte, wollte noch einmal eine Aufholjagd lancieren, scheiterte aber an der Verteidigung und vielleicht auch der fehlenden Energie nach zwei anstrengenden Spielen. Der Schlusspfiff kam mitten in die Bemühungen, nochmal einen Ball zu erobern und traf direkt ins Herz.
Da war es, das Ende. Abrupt, vermeidbar, unverdient. Reiffer und Torhüterin Favre bei den Gastgeberinnen wurden als beste Spielerinnen mit einem dicken Fromage belohnt – wir freuen uns aufs Fondue (Der Kirsch geht auf mich).
Die Riehenerinnen zeigten in der ersten Playoff-Kampagne der Vereinsgeschichte, dass sie nicht aus purem Zufall teilnahmen. Sie schafften im ersten Spiel der Serie etwas, was der UHT Semsales eine Woche später erst im sechsten Anlauf schaffte – einen Sieg in einem Playoff-Spiel zu erreichen. So oder so wird die Saison im Geschichtsbuch des UHC Riehen nur mit Superlativen beschrieben werden. Erster Cup-Halbfinal, erste Playoff-Teilnahme, fünftbestes Kleinfeld-Team der Schweiz. Das sind Eckpunkte, die beeindrucken.
UHT Semsales – UHC Riehen 10:9 (4:2, 2:4, 4:3)
Salle de sports, Semsales. – 100 Zuschauer. – SR: Fahrni. – Tore: 1. Hermann 0:1, 6. Dafflon (Penalty) 1:1, 8. Ecoffey (Favre) 2:1, 13. Hermann 2:2, 13. Dafflon (Meyer) 3:2, 14. Desplands 4:2, 21. M. Vial (A. Vial; Ausschluss Hubler) 5:2, 25. Heeb 5:3, 32. Hubler (Penalty) 5:4, 32. Reiffer 5:5, 34. Reiffer 5:6, 35. M. Vial (Desplands) 6:6, 43. Ecoffey (Diserens) 7:6, 45. Meyer 8:6, 47. Reiffer 8:7, 48. A. Vial (M. Vial) 9:7, 50. Fries 9:8, 50. Desplands (A. Vial) 10:8, 56. Rieder 10:9. – Strafen: 1×2 Minuten gegen Riehen. – UHT Semsales: Favre; Ecoffey, Bélek, Diserens, Desplands, Galley-Wicht, Stuby, A. Vial, Meyer, M. Vial, Dafflon. – UHC Riehen: Junker; Fries, Hubler, Kauppinen, Heeb, Brunner, Hermann, Reiffer, Meya, Gilgen, Rothenhäusler, Rieder. – Best of 3: 2:1.
„Fang mich, pack mich, reiss mich zu Boden“ (unbekannte Künstlerin)